Kundenrückgewinnung - ein vernachlässigtes Potenzial?

11 Mai 2023  |  von Bente Hinn

Kundenrückgewinnung in 6 Schritten

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Kunde nutzte jahrelang sein Lieblingsprodukt A, nun entscheidet er sich für Produkt B einer anderen Marke, was deutlich moderner, ansehnlicher und funktionsreicher ist. Preislich unterscheidet es sich aber nicht. Einige Monate später sieht der Kunde sein ehemaliges Lieblingsprodukt A in einem Newsletter und in den Sozialen Medien, in einem neuen, modernen Design und gleichen Funktionen wie das Produkt B. Der Kunde ist begeistert, dass er zu seinem einstigen Favoriten zurückkehren kann, verkauft kurzerhand sein Produkt B und wird wieder glücklicher Nutzer von Produkt A. Außerdem hat er von seiner Lieblingsmarke einen Rabatt bekommen, weil er in der Vergangenheit bereits einige Zeit dort Kunde war und nun zurückgekehrt ist.

Im Unternehmensalltag kommt dieses Szenario so jedoch leider eher selten vor, denn ein bereits abgewanderter Kunde wird schnell als verloren „abgeschrieben“ und nie wieder beachtet. Aber gerade im Retargeting von verlorenen Kunden liegt großes Potenzial, das viele Unternehmen ungeachtet lassen, da der Fokus häufig auf der Neukundenakquise liegt.

In diesem Blog erfahren Sie, was Kundenrückgewinnung bedeutet, welche Vorteile sie mit sich bringt und wie Sie eine entsprechende Strategie zur Rückgewinnung verlorener Kunden umsetzen können.

 

Was bedeutet Kundenrückgewinnung?

Unter Kundenrückgewinnung versteht man den Prozess ehemalige, inaktive Kunden, die abgewandert sind, durch gezielte Maßnahmen aufs Neue von den Produkten oder Dienstleistungen zu überzeugen. Wie mögliche Maßnahmen zum Retargeting abgewanderter Kunden aussehen können, erläutern wir nachfolgend.

 

Potenzial und Vorteile von Maßnahmen zur Kundenrückgewinnung

Häufig legen Unternehmen den Fokus auf Neukundenakquise und Kundenbindung. Aber was passiert, wenn Kunden abgewandert sind? Nicht selten geraten diese in Vergessenheit, dabei schlummern gerade in der Kundenrückgewinnung vielseitige Potenziale, die nicht außer Acht gelassen werden sollten:

  • Vielversprechende, hohe Umsätze und entsprechender Deckungsbeitrag: Je höher der Umsatz und dementsprechend der Deckungsbeitrag, desto rentabler ist die Wiedergewinnung des Kunden. Hierfür stellen Sie die vom Kunden erzeugten Umsätze den Kosten (z. B. Materialaufwendungen oder Anspruch von Dienstleistungen) gegenüber.
  • Neue Kunden durch Weiterempfehlungen: Ein Kunde ist besonders wertvoll, wenn er durch Empfehlungen stets neue Kunden akquiriert – wandert solch ein Kunde ab, so geht auch die kostenlose Kundenakquise verloren. 
  • Guter Ruf (vor allem im B2B wichtig): Ist ein namhafter und bekannter Firmenkunde abgewandert, so kann dies eine negative Auswirkung auf das Image eines Unternehmens haben und weitere Abwanderungen nach sich ziehen. Andersherum kann die Gewinnung eines solchen Kunden eine hervorragende Referenz für ein Unternehmen darstellen.
  • Verhinderung weiterer Kundenabwanderungen (Churn Prevention): Teil des Kundenrückgewinnungsprozesses ist es, zu verstehen, warum ein Kunde abgewandert ist. Das Wissen darüber, kann Unternehmen dabei helfen, abwanderungsgefährdete Kunden frühzeitig zu erkennen und die Abwnaderung durch gezielte Maßnahmen zu verhindern.

Zusätzlich bietet die Kundenrückgewinnung einige deutliche Vorteile gegenüber der Neukundenakquise, beispielsweise, dass…

  • …Sie nicht bei Null anfangen müssen: Zu einem früheren Zeitpunkt hatten Sie den Kunden bereits von sich bzw. Ihrem Unternehmen oder der Marke überzeugt. Sie können an die frühere Kundenbeziehung anknüpfen und mit Rabatten oder einem Geschenk Kontakt aufnehmen. 
  • …es kostengünstiger ist: Auch der Kostenaufwand ist deutlich geringer als bei der Neukundenakquise, oftmals können Sie durch die Wiedergewinnung sogar mehr als 50% der Kosten sparen, die sonst bei der Neukundenakquise angefallen wären.
  • …Bestandskunden bereit sind für persönlichen Kontakt mehr zu zahlen: Durch die Flut an Produkten und Dienstleistungen, die heutzutage verfügbar und zugänglich sind, entsteht ein erheblicher Preisdruck, weil alles kinderleicht austauschbar ist. Ist ein Bestandskunde jedoch mit dem Service sehr zufrieden und schätzt den vertrauten Umgang, so ist dieser im Durchschnitt auch bereit etwas mehr zu zahlen.
  • …der Kunde sich wertgeschätzt fühlt und Käufe wahrscheinlicher sind: Die Bemühungen einen Kunden erneut zu gewinnen führen idealerweise dazu, dass ein Kunde sich wertgeschätzt fühlt, wodurch ein Vertragsabschluss oder ein Kauf wahrscheinlicher wird. Auch zusätzlicher Umsatz durch Cross- und Up-Selling wird möglich.
  • …zurückgewonnene und wertgeschätzte Kunden Empfehlungen aussprechen: Aufs Neue eroberte Kunden, die sich wertgeschätzt fühlen, erzählen Anderen von ihren positiven Erfahrungen und empfehlen Ihr Unternehmen weiter.
  • …man aus Fehlern lernen kann: Durch Feedback können Sie die Ursache für die Abwanderung eruieren und somit aus Fehlern lernen. Dadurch kann nicht nur das Produkt und der Service verbessert, sondern künftige Abwanderung vorgebeugt und die Kundenbindung gestärkt werden.

 

Phasen des Kundenverlusts

Wenn Ihr Unternehmen Kundenverluste verzeichnet, können Sie verschiedene Phasen beobachten. Häufig ist es für Unternehmen nicht gleich erkennbar, ob ein Kunde verloren ist, insbesondere dann, wenn eine Kundenbeziehung nicht auf einem Vertrag beruht, der gekündigt wurde. Manchmal ist es auch nicht eindeutig, ob ein Kunde wirklich verloren ist, oder ob es sich nur um eine Irregularität im Verhalten handelt. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, neben dem normalen Kaufverhalten auch die üblichen Zeitintervalle für eine Transaktion eines Kunden zu berücksichtigen. Ein „überfälliger“ Kunde ist nicht zwingend verloren, aber Churn Prevention Maßnahmen können sich an dieser Stelle dennoch als sinnvoll erweisen.

Die typischen Phasen des Kundenverlusts sind:

Stufen des Kundenverlusts

1. Der inaktive Kunde

„Schlafende Kunden“, wie sie manchmal auch genannt werden, können aus verschiedenen Gründen inaktiv sein. Diese gilt es zu identifizieren, um entsprechend entgegenwirken zu können: 

  • „Einmalkäufer“: Sie sind keine Stammkunden, sondern benötigen lediglich ein bestimmtes Produkt. Sie sind zwar Neukunde, werden aber nie zu einem Bestandskunden heranwachsen.
  • Projektbezogene Käufer: Für ein beispielsweise einjähriges Projekt hat ein loyaler Kunde stets bestimmte Dienstleistungen gebucht. Nach Abschluss des Projekts werden diese Dienstleistungen zwar nicht mehr benötigt, aber es lohnt sich mit dem Unternehmen in Kontakt zu bleiben, falls in Zukunft ein ähnliches Projekt anstehen sollte.
  • Verändertes Kaufverhalten: Ein bisher loyaler Kunde kauft nicht im regelmäßigen Rhythmus ein. Einerseits können persönliche Gründe dahinterstecken oder aber der Kunde war beim letzten Kauf nicht zufrieden oder hat ein besseres Angebot von einem Wettbewerber erhalten. Hier gilt es Rückgewinnungsmaßnahmen schnellstmöglich einzuleiten.

2. Der wechselwillige Kunde

Weil diese Art von Kunde seine Unzufriedenheit selten direkt ausdrückt, ist er nicht leicht zu erkennen. Daher ist es wichtig, dass Ihre Mitarbeiter, die Kontakt zu Kunden haben, angemessen geschult werden, sodass sie Anzeichen für Abwanderung erkennen und entsprechend handeln können. Hierfür muss eine Balance zwischen Kundenbindungs- und Rückgewinnungsmaßnahmen gefunden werden, die für den jeweiligen Kunden erfolgreich sein könnte.

Typische Anzeichen, dass ein Kunde eventuell abwandert, sind:

  • Die Zeitabstände zwischen einem Kauf/Auftrag werden länger.
  • Die Menge/der Wert des Auftrags fällt deutlich geringer aus als sonst.
  • Der Kunde reagiert selten/gar nicht auf Angebote.

Und wenn der Kunde seine Unzufriedenheit klar und deutlich geäußert hat, so ist eine Abwanderung sehr wahrscheinlich und Maßnahmen zur Kundenbindung könnten die Beziehung zum Kunden noch retten.

3. Der verlorene Kunde

Oft ist der Übergang von einem wechselwilligen zu einem verlorenen Kunden fließend, weshalb der genaue Zeitpunkt, an dem ein Kunde Ihrem Unternehmen den Rücken gekehrt hat, nicht immer so leicht zu bestimmen ist. Je mehr Zeit jedoch zwischen der Abwanderung und dem Eintreten von Rückgewinnungsmaßnahmen liegen, desto unwahrscheinlicher wird die Rückkehr des Kunden.

 

Gründe der Abwanderung

Um gezielte Rückgewinnungsmaßnahmen einleiten zu können, ist es wichtig, die Gründe für eine Abwanderung zu kennen und zu verstehen. Mögliche Abwanderungsgründe können sein:

1. Qualitätsmangel bzw. Unzufriedenheit mit Preis-Leistung-Verhältnis

Der Kunde ist unzufrieden mit der Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität und wandert daher zur Konkurrenz ab, wo ihm eine bessere Erfahrung versprochen wird. Womöglich sogar zum gleichen oder einem geringeren Preis.

2. Finanzielle Engpässe

Kunden, die aus finanziellen Gründen abwandern, sehen oft keine andere Wahl und müssen allgemein auf eher günstigere Produkte zurückgreifen. Auch Inflationsbedingte Preissteigerungen können dazu führen, dass Kunden auf günstigere Alternativen umsteigen.

3. Neue Lebensphase

Eine neue Lebensphase, zum Beispiel durch eine Hochzeit, einen Umzug, die Geburt eines Kindes, einen neuen Job oder auch durch gesundheitliche Gründe bedingt, sorgt dafür, dass der Kunde manche Produkte nicht mehr braucht oder diese auf eine andere Art und Weise nutzen möchte.

4. Wechselnde Ansprechpartner

Wenn der Ansprechpartner in Ihrem Unternehmen ständig wechselt, kann auch dies einen Grund für die Abwanderung von Kunden darstellen. Es kann zeitintensiv sowie nervenaufreibend für den Kunden sein, wenn er sein Anliegen immer wieder aufs Neue erklären muss.

Aus Ihrer Unternehmenssicht mag die wiederkehrende Nachfrage nach Feedback kundenorientiert wirken, doch kann es unter Umständen auch das Gegenteil bewirken und vom Kunden als anstrengend und vor allem aufdringlich wahrgenommen werden. Die richtige Balance zu finden ist sehr wichtig, wobei jeder Kunde unterschiedlich reagiert: Was der eine als angenehmes Service-Angebot interpretiert, nimmt ein anderer Kunde als unnötig wahr. 

5. Kein Verständnis für Kritik

Wenn ein Kunde immer wieder seine Unzufriedenheit ausdrückt, eventuell sogar Feedback gibt, was konkret besser gemacht werden sollte, und die Beschwerden von Ihrem Unternehmen nicht ernst oder wahrgenommen werden, stellt dies einen triftigen Grund für einen Anbieterwechsel dar.

6. Ungerechte Behandlung gegenüber Neukunden

Natürlich freut sich ein Neukunde immer über Rabattaktionen und sonstige Angebote, die zeigen, dass er willkommen und wertgeschätzt wird. Aber wenn diese Anreize nie für Bestandskunden gelten, dann fühlen diese sich vernachlässigt und benachteiligt. Oft werden sie dann selbst Neukunden, aber eben bei Ihrer Konkurrenz, weil sie dort als Neukunde ein besseres Angebot erhalten.

7. Abwechslungswunsch

Der Kunde sehnt sich schlichtweg nach Abwechslung und wechselt daher zur Konkurrenz.

 

In 6 Schritten zur Kundenrückgewinnung

Bei der Kundenrückgewinnung ist es sinnvoll eine konkrete Strategie zu entwickeln, ganz unabhängig davon wie groß Ihr Unternehmen ist. Häufig haben kleinere Unternehmen aber einen engeren Kundenkontakt, wodurch eine schnellere Reaktion möglich ist. Weil diese schnelle Reaktion bei der Rückgewinnung von Kunden allerdings ausschlaggebend sein kann, ist es gerade für größere Unternehmen sinnvoll einen Rückgewinnungsprozess festzulegen. Folgende Schritte könnten Sie dabei berücksichtigen:

Kundenrückgewinnung in 6 Schritten

1. Basis schaffen

Wie bereits erwähnt, ist eine zeitnahe Reaktion nach Abwanderung eines Kunden ausschlaggebend dafür, ob dieser zurückgewonnen werden kann oder nicht. Je mehr Zeit verstreicht, desto unwahrscheinlicher ist die Rückkehr des Kunden zu Ihrem Unternehmen. Daher ist die Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie für die Kundenrückgewinnung das A und O. Ist diese Basis geschaffen, können Sie schnell reagieren.

Zwei Punkte sind dabei entscheidend:

a) Welche Kunden sollen zurückgewonnen werden?

  • Der „Wert“ eines Kunden muss bestimmt werden
  • Faktoren für Gruppierungen: 
    • Wie viel Umsatz hat der Kunde generiert?
    • Wie hoch ist der Deckungsbeitrag? 
    • Kann dem Kunden noch ein passendes Produkt angeboten werden, um seine Bedürfnisse zu erfüllen? (Eventuell verlieren Sie ganze Kundengruppen, wenn Sie sie nicht mehr bedienen können, dafür werden andere Gruppen wieder interessanter.)

b) Wie können diese Kunden zurückgewonnen werden? Mit welchen Anreizen?

  • Die Art der eingesetzten Rückgewinnungsmaßnahmen richtet sich nach Wichtigkeit der Kunden, deren Bedürfnissen und den Gründen für die Abwanderung/die Vertragskündigung, aber auch nach dem Markt
  • Bei Märkten mit hoher Kundenfluktuation sind folgende materielle Anreize für Rückgewinnung recht erfolgreich:
    • Gutschein, Rabatt
    • Geschenk
    • Wiedergutmachung
    • Entschädigungszahlungen
  • Bei Märkten, wo es um langfristige Beziehungen geht, sind emotionale Faktoren wichtiger:
    • Guter Service
    • Verlässlichkeit
    • Obige Anreize können als Ergänzung zu einem auf den Kunden zugeschnittenes Angebot dienen

2. Zuständigkeiten klären

Je nach Wichtigkeit des abgewanderten Kunden für Ihr Unternehmen und den Abwanderungsgründen des Kunden, ist es essenziell festzulegen, wer diesen Kunden kontaktieren soll. Ist es der Kundenberater, der Vertriebler oder sogar die Unternehmensführung?
Die Kontaktaufnahme kann sich basierend auf verschiedenen Faktoren unterschiedlich gestalten:

  • E-Mail:
    • Branchen mit hohem Wechselfaktor
    • Große Kundengruppen
    • Niedriger Deckungsbeitrag
  • Postalische Kundenmailings:
    • Für ortsansässige Unternehmen, z. B. Restaurants, Floristen, Handwerksbetriebe
  • Persönlicher Anruf/Brief:
    • Premiumkunden

3. Ursachen analysieren

In diesem Schritt geht es darum herauszufinden, warum ein Kunde abgewandert ist. Dies sollte im Idealfall so schnell wie möglich nach dem Bemerken der Kundenabwanderung ausgeführt werden. Kennt die zuständige Person die Gründe für die Abwanderung des Kunden, so kann diese entsprechende Maßnahmen zur Rückgewinnung einleiten.

Folgendes lohnt sich zu prüfen:

a) Schwachstellen im Unternehmen:

Eine gründliche Bestandsaufnahme aller Bereiche bringt verbesserungswürdige Faktoren zum Vorschein. Es sollte versucht werden, alle Mitarbeiter in dieser Prüfung einzubeziehen, denn zwei (und mehr) Augenpaare sehen bekanntlich mehr als nur eins. Anschließend können gemeinsam mögliche Lösungen für diese Schwachstellen ausgearbeitet werden. Stellt sich einer der gefundenen Mängel als Ursache für die Kundenabwanderung heraus, so kann bei der Kontaktaufnahme direkt ein optimiertes Angebot vorgeschlagen werden.
Im Idealfall führen Sie die Bestandsaufnahme in regelmäßigen Abständen durch und nicht erst, wenn Sie größere Kundenverluste festgestellt haben.

b) Fehlerhafte Kundenbeziehung:

Die Abwanderung kann auch an der Beziehung zwischen Ihrem Unternehmen und dem Kunden liegen. Ein offenes und vor allem rücksichtsvolles Gespräch vermittelt nicht nur ein Gefühl der Wertschätzung, sondern deckt auch die Abwanderungsgründe auf. Aber auch bevor dieses Gespräch initiiert wird, ist es lohnenswert den wahrscheinlichsten Grund, der zur Abwanderung geführt hat, zu identifizieren, um im Gespräch besser auf eventuelle Einwände des Kunden reagieren zu können und auch um angebrachte Maßnahmen zur Hand zur haben.

4. Maßnahmen festlegen

Um schnell handeln zu können, ist es auch hier lohnenswert für bestimmte Abwanderungsgründe bestimmte Maßnahmen von vornherein festzulegen, damit alle Teams, je nach Zuständigkeit, angemessen reagieren können. So unterschiedlich die Abwanderungsgründe Ihrer Kunden sind, so verschieden müssen Sie und Ihre Mitarbeiter und Kollegen auch darauf reagieren. Dabei sollte bedacht werden, dass es hierbei keine „one-fits-all“ Lösung gibt, denn jede Situation und jeder Kunde ist individuell. Gerade bei der Rückgewinnung ist das persönliche und individualisierte Angebot ausschlaggebend, welches gleichzeitig ein gewisses Gefühl der Wertschätzung vermittelt.

In besonderen Fällen sollten Sie sich mit Ihren Kollegen kurzschließen und gemeinsam angemessene Anreize entwickeln. Werden diese entsprechend in der Datenbank festgehalten, so kann jeder neue Mitarbeiter oder Kollege aus einer anderen Abteilung auf einen Blick sehen, was bereits angeboten wurde. Wenn der Kunde tatsächlich zurückgewonnen wurde, kann sich jede zuständige Person über die Details des neuen Vertrags informieren und Verärgerungen des Kunden durch eigene Unwissenheit vermeiden.

Nachfolgend erhalten Sie einige Ideen, welche Wiedergewinnungsmaßnahmen Sie für bestimmte Abwanderungsgründe in Betracht ziehen könnten:

a) Umzug des Kunden / Produkt ist vor Ort nicht verfügbar:

  • Neuen Ansprechpartner vor Ort vermitteln
  • Lieferservice anbieten
  • Neue Kooperationspartner vor Ort suchen

b) Finanzierungsschwierigkeiten beim Kunden:

  • Preisnachlass anbieten
  • Günstigere Vertragsoption vorschlagen
  • Finanzierungsmöglichkeiten anbieten

c) Mitbewerber sind günstiger:

  • Zusätzliche Services anbieten
  • Höheren Preis erklären und mithilfe besonderer Leistungsmerkmale begründen

d) Produkt weist Qualitätsmängel auf:

  • Wiedergutmachung anbieten
  • Preisnachlass anbieten
  • Ersatzlieferung anbieten
  • Entschuldigungsschreiben senden
  • (Zugabe zur) Verlustkompensation anbieten

e) Weitere Ideen:

  • Einladungen zu (exklusiven) Events
  • Angemessene und passende Geschenke
  • Geldwerte Vorteile (Gutscheine, Rabatte, Gewinnspiele)  wirken eher bei der Reaktivierung inaktiver Kunden als bei der Rückgewinnung langjähriger Bestandskunden

Bei sehr wichtigen Kunden sollten Sie bei dem Versuch der Wiedergewinnung nichts dem Zufall überlassen. Je besser Sie den Kunden kennen, desto individueller können Sie die Anreize für die Rückgewinnung planen und steigern somit Ihre Erfolgschancen.

5. Kundenrückgewinnung umsetzen

Nun sind die Vorbereitungen finalisiert und es geht darum die entwickelte Kundenrückgewinnungsstrategie in die Realität umzusetzen. Egal wie der Kundenkontakt hergestellt wird, per E-Mail, Brief oder Telefon – es sollte persönlich sein. Je nach Ursache der Abwanderung kann ein Brief, bei welchem sich der Empfänger nicht direkt dazu äußern muss, sinnvoller sein, oder ein persönliches Telefonat/Gespräch, in welchem Sie vorsichtig nach den Beweggründen für die Abwanderung fragen und passende Angebote unterbreiten können. Für solch ein Gespräch sollten Sie aber genug Zeit einplanen, um den Kunden nicht unnötig unter Druck zu setzen, was das Entgegenbringen von Wertschätzung für den jeweiligen Kunden zunichtemacht.

Es sind also verschiedene Faktoren zu beachten, bevor der Erstkontakt hergestellt wird. Kurz gesagt ist wichtig…

…den Kunden und seine Beweggründe für die Abwanderung gut zu kennen,

…individuelle Anreize bieten zu können, um den Kunden erneut von Ihrem Unternehmen zu überzeugen und

…damit dem Kunden zeigen, wie sehr Sie seine Zufriedenheit wertschätzen.

6. Erfolgskontrolle durchführen

Natürlich ist es auch wichtig, den Erfolg der Strategie zu kontrollieren und wenn nötig diese zu optimieren. Entsprechende Anpassungen sollten regelmäßig vorgenommen werden, nur so kann die Rückgewinnungsstrategie optimiert werden.

Wurde ein persönliches Gespräch geführt, so zeigt sich oft schneller, ob ein Kunde bereit ist zurückzukommen, und entsprechend erneut einen Vertrag abzuschließen oder ein Produkt zu kaufen. Wird eine größere Kundengruppe mit einer E-Mail angesprochen, so müssen Sie die Reaktionen über einen längeren Zeitraum verteilt abwarten und analysieren. Weitere Kontrollen könnten sein:

a) Ursachenübersicht:

Erstellen Sie eine Übersicht aller Ursachen, die zu Kündigungen bzw. Abwanderungen geführt haben. Im Zuge dessen können Sie ebenfalls den verlorenen Umsatz und die Kosten für die Beseitigung (wie Nachbesserungen, Ersatzlieferungen, Wiedergutmachung usw.) entsprechend den Ursachen zuordnen. Dadurch entsteht von selbst eine Art Priorisierung, die Sie für anschließende Präventionsmaßnahmen zur Hilfe nehmen können.

b) Rückgewinnungsrate:

Schauen Sie sich die Rückgewinnungsrate an: Wie viele Kunden konnten Sie tatsächlich zurückgewinnen?? Was bedeutet dies für Ihre Strategie? Wie können Sie diese optimieren, um die Quote zu steigern?

c) Rückgewinnungsgewinn:

Hierzu gehört nicht nur der monetäre Gewinn, nachdem die Kosten für die Rückgewinnung abgezogen wurden, sondern auch Gewinne, wie die Verbesserung des Images, Learnings und auch Mund-zu-Mund Propaganda oder Empfehlungen.

d) Veränderung der Verweildauer, der Fluktuation, des Wertes der Kunden u.v.m.

Die Resultate der Erfolgskontrollen sollten sorgfältig in die Kundendatenbank eingepflegt werden, sodass sie im Nachgang gezielt für Churn Prevention Maßnahmen genutzt werden können. 

 

Prävention der Abwanderung

Damit Kundenrückgewinnung gar nicht erst ein essenzielles Thema in Ihrem Unternehmen wird, können Sie verschiedene Methoden zur Prävention der Abwanderung einsetzen. Lesen Sie dazu mehr in unseren Blogs „Churn Prevention − Kundenabwanderung verhindern“ und „Churn Management: Abwanderungsgefährdete Kunden frühzeitig erkennen“.

 

Rechtliche Grenzen der Kundenrückgewinnung

Wie immer im Kontakt mit Kunden, gibt es auch bei der Kundenrückgewinnung einige rechtliche Punkte zu beachten, damit Ihre Kontaktaufnahme mit den Kunden nicht als „unzumutbare Belästigung“ eingestuft wird. Denn wenn es darum geht ehemalige Kunden mit Kontaktdaten zu kontaktieren, die während eines nicht mehr gültigen Vertragsverhältnisses gespeichert wurden, so können Fragen der Zulässigkeit aufkommen.
Bei Privatpersonen unterliegt die Kontaktaufnahme per Telefon oder E-Mail rechtlichen Einschränkungen, so §7 UWG, mit der Ausnahme, dass der Empfänger ausdrücklich seine Einwilligung gegeben oder diese durch seine Handlungen bestätigt hat. Eine Kontaktaufnahme ist auch dann erlaubt, wenn bereits eine Beziehung zum Kunden vorhanden war und folglich die Kontaktaufnahme auf diesem Verhältnis beruht. Ein Beispiel hierfür ist, wenn ein Kunde bereits mit Ihrem Beschwerdemanagement Kontakt hatte, so darf dieses den Kunden anrufen, um sich zu erkundigen, wie zufrieden dieser mit der Handhabung der Beschwerde war.

Hat der Kunde jedoch mit Kündigung seines Vertrages auch der künftigen Kommunikation widersprochen, so dürfen Sie aus rechtlicher Sicht keinen direkten Kontakt mit dem Kunden aufnehmen. In diesem Fall müssen Sie darauf warten, dass der Kunde von selbst zurückkommt.

 

Fazit: Kundenrückgewinnung ein vernachlässigtes Potenzial!

Abschließend lässt sich festhalten, dass in der Kundenrückgewinnung erhebliche, oft ungenutzte Potenziale liegen, die gegenüber der Neukundenakquise einige Vorteile bieten. Mithilfe einer entsprechenden Strategie lassen sich bereits verloren geglaubte Kunden zurückgewinnen. Durch die Analyse der Abwanderungsgründe können abwanderungsgefährdete Kunden zukünftig frühzeitig erkannt und durch entsprechende Maßnahmen an der Abwanderung gehindert werden. 

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Bente Hinn

Marketing Coordinator

Bente Hinn ist seit Juni 2021 Teil des Apteco Teams. Als Marketing Coordinator hilft sie bei der Planung und Durchführung der Social Media und Marketing-Aktivitäten in der DACH-Region, bereitet Veranstaltungen und Webinare vor, erstellt Marketing Reportings und kreiert Content sowie Infografiken für die Website, Social Media und den Blog.

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